Derzeit leben 252 Menschen in der Traglufthalle in Oberhaching, davon ungefähr 40 Kinder. Wer die Möglichkeit genützt hat, eine der vielen Traglufthallen im Landkreis München zu besichtigen, weiß, dass diese Form der Unterbringung suboptimal ist. Die Medien sind voller Schreckensnachrichten über Ausschreitungen jedweder Art, die in Asylunterkünften stattfinden. Doch dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel in Oberhaching. Einen nicht zu unterschätzenden Beitrag leistet der Helferkreis Asyl, der die Caritas vor Ort tatkräftig unterstützt und ohne den eine Integrationsleistung von solchem Ausmaß nicht zu stemmen wäre.
Der Helferkreis Asyl in Oberhaching hatte nicht wirklich viel Zeit sich zu organisieren. Klar war nur, die Traglufthalle kommt, die Flüchtlinge auch. Aber wer, erfuhren die freiwilligen Helfer erst, als die Flüchtlinge tatsächlich da waren. Wie geht man nun mit 252 Menschen um, die geflohen sind, kein Hab und Gut besitzen und meist schwer traumatisiert sind? Da heißt es, mit viel Einfühlungsvermögen und Sensibilität den Bedarf der Asylbewerber herausfinden und möglichst schnell handeln. Doch zunächst wurden die Schutzsuchenden mit dem Nötigsten ausgestattet - Bekleidung. Es gab schon zwei größere Verteil-Aktionen. Zu diesem Zweck wurden zwei Container eingerichtet , die als Ausgabestationen dienten. Die Bewohner der Traglufthalle konnten eine Nummer ziehen und nach Aufruf ihren Bedarf an Kleidung kostenlos decken. Mittlerweile sind alle soweit versorgt, denn die Spendenbereitschaft ist sehr groß. Was aktuell benötigt wird, steht auf der Homepage des Helferkreises.
In kürzester Zeit stellte er unterschiedliche Teams zusammen. Jedes Team deckt einen Aufgabenbereich des täglichen Lebens ab. Es ist bemerkenswert, was die 170 freiwilligen Helfer in der relativ kurzen Zeit alles auf die Beine gestellt haben. Es werden regelmäßige Deutschkurse angeboten, die immer gut besucht sind. Die Schüler bilden keine homogene Einheit. Sie haben keine einheitliche Altersstruktur, kommen aus verschiedenen Kulturkreisen und besitzen unterschiedliche Sprachniveaus. „Es ist ein gewaltiger Kraftakt für die engagierten Helfer“ erzählt Isabell Trapp, erste Sprecherin des Helferkreises Asyl. Ein weiteres Team kümmert sich um die Freizeitgestaltung der Flüchtlinge. Ein wichtiger Baustein ist die Kinderbetreuung in der Traglufthalle, die als Kindergartenersatz dient. Jeden Vormittag und jeden Nachmittag besuchen motivierte Freiwillige die Traglufthalle, um mit den Kindern zu spielen oder zu malen. Samstags findet ein Lauftreff statt, der Tanz für Kinder und Mütter am Montag. Kinderfußball wird donnerstags angeboten, Spielmöglichkeiten für Erwachsenen befinden sich noch im Aufbau. Die erste Kochgruppe für Männer fand bereits statt und war ein voller Erfolg. In Planung sind noch eine Handarbeitsgruppe, ein wöchentlicher Frauentreff und ein Gesellschaftsspiele-Treffen.
In enger Abstimmung mit den Sozialarbeitern der Caritas kommen die Helfer des Bereichs Begleitung/Dolmetscher zum Einsatz. Sie begleiten die Flüchtlinge zum Arzt oder zu Behördengängen. Mit ihrer Hilfe konnten ortsansässige Ärzte eine erfolgreiche Impfaktion durchführen. Ortsführungen wurden vereinzelt angeboten. Jeder Flüchtling erhält einen kleinen Stadtplan, der von flowconcept zur Verfügung gestellt wird.
Das hört sich fast nach einem Rund-um-sorglos-Paket an. Diese Aufgabe will und kann der Helferkreis, der die Sozialarbeiter der Caritas unterstützt, auf gar keinen Fall übernehmen. „Wir bieten keine permanente Hilfe, sondern Hilfe zur Selbsthilfe. Unser Ziel ist es, die Asylbewerber zur Selbständigkeit zu erziehen.“ Klärt Trapp auf. Für die Aufgaben sind die freiwilligen Mitarbeiter gut gerüstet. Der Helferkreis setzt auf die kontinuierliche Fortbildung des Teams. Supervision und Mediation befinden sich noch im Aufbau. Die seelsorgerische Betreuung erfolgt durch die Pfarrer am Ort. Das Engagement birgt eine große Herausforderung für jeden einzelnen Helfer. Trotz allem Mitgefühl ist es wichtig, eine gewisse Distanz zu wahren und die Schicksale nicht zu nah an sich herankommen zu lassen. Sicherlich sind die Helfer gut beraten, sich eine große Portion Gleichmut und Gelassenheit anzueignen. Es kann schon vorkommen, dass zur verabredeten Zeit zwar der Helfer, nicht aber der Flüchtling am vereinbarten Treffpunkt auftaucht, häufig mit unvollständigen Unterlagen, die dann erst zusammengesucht werden müssen. Dennoch wird die Arbeit mit den Asylbewerbern als sehr bereichernd empfunden. „Trotz aller Unwirtlichkeit ist die Traglufthalle für viele Flüchtlinge ein Ort der Verankerung“ berichtet Anette von Jagow, die dem Team Sport, Freizeit und Kinderbetreuung angehört. „Mich berührt es zutiefst, wenn mir eine Familie einen Stuhl anbietet und mich auf einen Tee oder Mandarinen einlädt“.
Quelle: Hallo 20. Januar 2016
Mia Friedinger (v.l), Jochen Bernhardt, Isabell Trapp, Julia Priestley, Margit Markl, Claudia Merkle-Hauber, Nina Hartmann, Stefan Hauber, Annette von Jagow, Joanna Nibler